Weltkunst für Frieden & Freiheit
In der letzten, Ende 1924 vielleicht sogar Anfang 1925 entstandenen Zeichnung Kirchners in der von Will Grohmann 1925 herausgegebenen Publikation von 100 Zeichnungen des Künstlers deutete sich dessen Wandel zum «Neuen Stil» ein erstes Mal an. Diesen entwickelte er in den folgenden Jahren in strenger Vereinfachung von Form und Farbe und sich steigernder Abstraktion zu einer eigenständigen und eigenwilligen Variante der allgemeinen gleichzeitigen europäischen Bestrebungen hin zu einer Malerei und Plastik aus Farbfeldern und Volumina, die von Endlosschlaufen eingefasst waren und die dann 1931 in Paris als «Abstraction-Création» bezeichnet wurde in der Gründung einer ebenso benannten Gruppe. Zu dieser zählten rasch bis zu 400 internationale Künstlerinnen und Künstler, vom Ältesten, dem Russen Wassily Kandinsky *1866 bis zum Jüngsten, dem Japaner Taro Okamoto *1911. Diese Entwicklung wurde 1937 jäh unterbrochen und lebte erst ab 1948 wieder auf um sich dann von einem eher europäischen zu einem Weltphänomen auszuweiten.
Unsere Ausstellung soll diese sich über und durch die gewaltig-gewalttätige Zäsur von Kunstverbot, von Zweitem Weltkrieg und Shoah entwickelnde und doch irgendwie immer wieder kohärente Geschichte der Kunst der Mitte des 20. Jhs. an Hand einiger sehr unterschiedlicher Fallbeispiele erzählen.
Spielende Badende
92 x 73 cm
Gordon 0926
Id: 66673
1924/25, wir sahen es, begann in der Kunst Ernst Ludwig Kirchners (1880-1938) ein Stilwandel, der seine höchste Konsequenz und Reinheit von 1928 bis 1933 erreichte. Zwar blieb Kirchner immer dem Figurativen eines Augenerlebnisses verhaftet, wie in «Spielende Badende» von 1928 erkennbar. Erkennbar sind aber schon dort die ineinander verschlungenen und von einer Endloskontur umschlungenen Farbfelder, Hauptcharakteristik der «Abstraction-Création». Diese gelangen in den beiden Gemälden von 1933-34 «Akte im Wald», von denen wir hier die kleine Fassung neben Zeichnungen und zwei Fassungen des Farbholzschnittes zeigen und anbieten können, zu reinster Form.
Akte im Wald (kleine Fassung)
43 x 60 cm.
Gordon 0970
Nach Ernst Ludwig Kirchners Experimenten mit abstrakten Formen und Farbveränderungen durch Licht und Schatten Ende der 1920er Jahre sind die beiden Bilder "Akte im Wald" und der zugehörige Farbholzschnitt der krönende Abschluss dieser Schaffensphase, indem beide Bestrebungen zusammengeführt werden. Das Hauptmotiv für die Bildidee dieser Werkgruppe ist, die figurative Zeichnung der drei in der Waldlichtung lagernden Frauen mit den abstrakten Elementen der Sonnenflecken in einem Bild zu versöhnen, auch wenn als Anregung Édouard Manets Gemälde "Das Frühstück im Grünen" (1863) nicht zu übersehen ist.
In Kirchners Bildern wirken die zwei sonnenbeschienenen Flächen wie selbständige geometrische Formen, die sich über die Zeichnung der Akte hinwegsetzen, sodass einige Körperteile in Gelb und hellem Inkarnat aufleuchten und andere im Dunkelgrün versinken. Für die kleine Fassung "Akte im Wald", deren Verbleib seit über 50 Jahren nicht bekannt war, spricht die Intimität und die suchende Form, für die spätere große Fassung die Monumentalität und stärker ausgeprägte Geometrie (Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen).
Mit der Umsetzung der Komposition in den mehrfarbigen Holzschnitt "Drei Akte im Walde“ von 1933/34 (Gercken 1728) schuf Kirchner eine der bedeutendsten Graphiken seines Spätwerks. Wie sehr er selbst das Werk und damit auch die Bildfindung schätzte, kann man an den vielen Eigendrucken des Farbholzschnitts, der besser mit der kleinen als mit der großen Fassung des Gemäldes übereinstimmt, ermessen.
(Text: Günther Gercken, Autor des Werkverzeichnisses der Druckgrafik E. L. Kirchners)
«Er kommt genauso wie die punkthafte Licht- Schattenverteilung auf der ersten Zeichnung, die ich Ihnen zeigte, aus der Beobachtung der Natur und zwar so: Die Sonnenstrahlen fallen durch die Baumzweige und malen grosse helle Flecke auf die Erde und die Figuren. Wenn Sie etwas darstellende Geometrie kennen, so ist Ihnen die Zeichnung wohl klar.»
Anmerkung zum Originaldokument: Original in Schweizer Privatbesitz. Eigenhändiger Briefe, zwei Seiten mit Handzeichnungen Kirchners.
Akte im Walde
35,5 x 50 auf 42,5 x 61 cm
Gercken 1728 V; Dube H 637 e 1
Mit der Umsetzung der Komposition in den mehrfarbigen Holzschnitt "Drei Akte im Walde“ von 1933/34 (Gercken 1728) schuf Kirchner einer seiner bedeutendsten Farbholzschnitte.
Ernst Ludwig Kirchner experimentierte auch noch in den 30er Jahren in seinen Mal- und Drucktechniken. (Als Sohn eines Papierchemikers und als ausgebildeter Architekt jedoch glücklicherweise nie auf Kosten der Dauerhaftigkeit seiner Werke, im Gegenteil.)
1932 bis 1934 schuf er eine Reihe von Farbholzschnitten, denen jeweils ein Zeichnungsstock zugrunde liegt. In den Farbstöcken schnitt er die nicht druckenden Partien nicht weg sondern zersägte die Holzplatten à la Laubsägearbeit, legte die einzelnen Teile unterschiedlich eingefärbt nebeneinander und druckte so mehrere Farben gleichzeitig. Hier das Gelb und einen der Grüntöne aus der berühmten in allen Techniken vielfach gestalteten Komposition der "Drei Akte im Walde" von 1933.
K III 101
90 x 70
Lohberg 0746
Obj. Id:79333
1928/29 begann Fritz Winter (1905-1976) am Bauhaus, in Berlin und Davos abstrakt zu malen. Als Bergarbeiterkind erlernte auch er zunächst diesen Beruf. Als politisch Engagiertem gelang ihm mit 19 Jahren der Sprung in die Freiheit des in den 20er Jahren kulturell bedeutenden internationalen Vagabundentums und schliesslich in die Kunst.
Nach raschem Erarbeiten der stilistischen Entwicklung der Kunst seit 1880 drang er tiefer in deren jüngste Entwicklung durch ein Studium am Bauhaus ein, von 1927 bis 1930 bei Kandinsky, Klee und Schlemmer, sowie durch Zusammenarbeit mit Kirchner in Davos in den Jahren 1929 bis 1932. Ein Jahr zuvor entschied er sich bereits für die Abstraktion, die er bis zu seinem Tode unermüdlich erprobte.
Nach hoffnungsvollen künstlerischen Anfängen, verbunden mit Lehrtätigkeiten in Berlin, wo er dem Werk und der Persönlichkeit des Plastikers Naum Gabo begegnete, und in Halle in den Jahren 1931-33 tauchte er bereits in eben diesem Jahr in Allach bei München mit seiner Lebensgefährtin in innerer Emigration unter, die er selbst sogleich als "Exil" verstand und malte "auf Lager", wie er es nannte. Trügerische Hoffnung keimte noch 1936 durch die beantragte und - wohl irrtümlich, denn jede künstlerische Konzession lag ihm fern - bewilligte Aufnahme in die Reichskulturkammer, der 1937 endgültiges Malverbot folgte.
Im Unendlichen
50 x 70 cm
Im August 1939 wurde Winter zum Militärdienst eingezogen und musste - von wenigen Urlauben und Lazarettaufenthalten nach Verwundungen unterbrochen - das ganze Drama des zweiten Weltkrieges bis zum Mai 1945 miterleben, als er in russische Gefangenschaft geriet, aus der er erst im Mai 1949 entlassen wurde.
Er begann sofort wieder zu arbeiten und seine Werke erregten schon 1950 auf der Biennale in Venedig internationales Aufsehen. Als Protagonist war er erfolgreich an der in den folgenden Jahren heftigen "Abstraktions-Debatte" beteiligt und erlebte mit zahlreichen Ausstellungen und Anerkennungen in der zweiten Hälfte der 50er Jahre den Zenit seines Erfolges.
Diese kurze Lebensbeschreibung ist beispielhaft für die der folgenden Künstler.
Fritz Winter's Komposition vor Blau und Gelb (1955) anlässlich der ersten Dokumenta 1955.
Figuren
81 x 100 cm
Lohkamp 14
Id: 66131
1930 fand auch Theodor Werner (1886-1969) zur Abstraktion, obwohl fast eine Generation älter als Fritz Winter. Bis dahin, in Grosssachsenheim bei Stuttgart lebend, eher einer impressionistischen Malerei verpflichtet, wagte er 1930 die Übersiedlung nach Paris und wurde Mitglied der Gruppe «Abstraction-Création». Dort lernte er seine Frau «Woty» kennen, ebenfalls Malerin und vor allem Weberin. Fast sein gesamtes Werk wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Wir können aber eines der Hauptwerke der Pariser Jahre zeigen, die «Figuren» von 1934. Diese Figuren sind wohl weniger – wie etwa bei Kirchner – von einem Seherlebnis «abstrahiert» sondern Kunst-Kreationen in denselben Formen und Farben.
Zeichen in Bewegung II
116 x 81 cm
Lohkamp 368
Von 1946 bis 1959 lebte und arbeitete Theodor Werner in Berlin als wichtiger Akteur der Abstraktion in Deutschland. Aus dieser Zeit zeigen wir das Gemälde «Zeichen in Bewegung II» von 1953. Ab 1959 lebte er bis zu seinem Tode in München und hinterliess seinen Nachlass den Bayerischen Staatsgemälde-Sammlungen.
Kirchner, Winter und Werner waren auf unterschiedliche Weise direkt und indirekt an der Entwicklung der Abstraktion um 1930 hin zur Abstraction-Création beteiligt, während die weiteren Künstler unserer kleinen Ausstellung zu jener Generation gehörten, für die - nach ersten abgebrochenen Anfängen vor dem Kriege - die ersten Nachkriegsjahre weltweit grosse Umwälzungen brachte und in denen das Jahr 1948 zum Schicksalsjahr der Kunst wurde.
Das ganze weltweite Ausmass von Zerstörung, Leid und Tod des Zweiten Weltkrieges, der im Atomkrieg 1945 endete, von Holocaust und weiterer Untaten der kriegführenden Mächte war inzwischen allmählich bekannt geworden und die Friedenshoffnungen der noch 1945 gegründeten Vereinten Nationen mit dem Ausbruch des Kalten Krieges durch die Berlin-Blockade 1948 im Keim erstickt.
Vor diesem Hintergrund erschien eine Darstellung des Menschen in der Kunst nicht mehr möglich. Einziger Ausweg war die Abstraktion von Form und Farbe, die zugleich das Höchstmass an Freiheit bot, ein hohes Gut, das alle anstrebten, vor allem Künstlerinnen und Künstler.
Composition II
81 x 116 cm
Henze 388
1948, dem Schicksalsjahr der Abstraktion, begann auch die von Francis Bott (1904-1998) nach wechselvollsten Jahrzehnten in der anarchistisch-kommunistischen Vagabundenszene Europas der zwanziger Jahre in Deutschland, Wien, Prag und Paris sowie im französischen Untergrund in den Pyrenäen und wieder in Paris.
Dort wurde Francis Picabia sein Freund und Mentor. Als unabhängiger Freigeist schloss er sich keiner Gruppe an, nahm auch nicht an übergreifenden Ausstellungen teil, war jedoch in Frankreich, England, Deutschland und der Schweiz in den 50er Jahren durch hervorragende Galerien vertreten.
Composition
60 x 74 cm
Henze 948
L'espace infini du silence
54.5 x 72 cm
Henze 201
Vitalité
116 x 81 cm
Herrmann 55/63
1948, dem Schicksalsjahr der Abstraktion, begann auch die von Bernard Schultze (1915-2005). Wie bei den anderen Malern der hier gezeigten Gruppe gab es einen Kunststudien-Anlauf vor dem Zweiten Weltkrieg auch bei ihm in den 30er Jahren. Diese ersten Werke wurden kriegsbedingt zerstört. Nach dem Wehrdienst 1939 bis 1945 kam er nach Frankfurt zur Zimmergalerie Franck, in die Gruppe Quadriga und lernte sein Frau Ursula kennen. Dort wurde er zu einem der bedeutendsten deutschen Exponenten des Informel, lebte und arbeitete auch vielfach in Paris, zog 1968 nach Köln.
Die besonders die Freiheitsgedanken formulierende Frankfurter Nachkriegsszene hat Schultze und Ursula geprägt, so dass er 1992, als die DDR-Künstler en globo in «seine» Akademie der Künste aufgenommen wurden, unter Protest aus dieser austrat.
Seine Website beginnt treffend mit: «Bernard Schultze ist einer der zentralen Protagonisten gestisch-abstrakter Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein Name und Werk sind untrennbar mit der internationalen Erfolgsgeschichte des deutschen Informel verbunden.» Wir zeigen hier einige kleinere Werke der 50er Jahre. Die Galerie verfügt über eine sehr grosse Auswahl von Schultzes Werken.
Ausstellung »Neuexpressionisten« (Quadriga) in der Zimmergalerie Franck, Frankfurt am Main im Dezember 1952, v.l.n.r.: Frau Schrenk, Bernard Schultze, Klaus Franck, Ursula Bluhm, Karl Otto Götz, Anneliese Hager-Götz, Heinz Kreutz, René Hinds,
Auf (über) weißer Lasur, Verformungen
51.5 x 61.5 cm
Herrmann 55/7
Wuchernd auf Rot
75 x 30 cm
Herrmann 55/56/9
1951 führt der Kunstkritiker Michel Tapié den Begriff art informel anlässlich einer Ausstellung im Pariser Studio Facchetti erstmals ein und versucht damit, verschiedene abstrakte Strömungen der Nachkriegskunst wie Tachismus und Lyrische Abstraktion zusammenzufassen. Im Gegensatz zu anderen kunsthistorischen Begriffen benennt das Informel keinen einheitlichen Stil, sondern eine künstlerische Haltung, die sich anders als die geometrische Abstraktion gegen klassische Form- und Kompositionsprinzipien wendet. Durch die Befreiung der Farbe aus den Fesseln einer vorgegebenen Form und durch die Öffnung des Bildes für spontane, gestisch eruptive Aktionen überwindet es den traditionellen Bildbegriff. Der Künstler komponiert nicht mehr auf ein vorher geplantes Ergebnis hin. Stattdessen lässt er dynamische Prozesse anschaulich werden: Er fixiert den Malakt selbst im Moment höchster Konzentration als Bewegungsspur im Bild oder aber thematisiert Farbe als Material, um sie dabei aus allen form- und gegenstandsgebundenen Bezügen freizusetzen.
Erste Aufmerksamkeit findet die informelle Malerei in Deutschland mit der Quadriga-Ausstellung 1952 in der Zimmergalerie Franck in Frankfurt am Main, die Arbeiten von K. O. Götz,Otto Greis, Heinz Kreutz und Bernard Schultze zeigt. Aber auch andere Künstlergruppen, wie der junge westen in Recklinghausen, ZEN 49 in München oder die Gruppe 53 in Düsseldorf wenden sich verstärkt einer Unmittelbarkeit und Authentizität fordernden Malerei zu, die Geste und körperliche Direktheit betont und Mitte der 1950er Jahre ihren Höhepunkt erreicht. Als bitteren Einschnitt empfinden die meisten informell arbeitenden Künstler die 1959 in Kassel gezeigte documenta II. Zunächst als Apotheose des europäischen Informel geplant, präsentiert man dessen wichtigste Vertreter schließlich auf dem Dachboden des Fridericianums und beugt sich so dem Ansturm der großformatigen amerikanischen Malerei, die fortan Kunst und Kunsthandel beherrscht. Rückblickend muss das Informel dennoch als eine der originärsten Leistungen der Nachkriegskunst betrachtet werden. Aus heutiger Sicht markiert es die Schnittstelle zwischen Moderne und Postmoderne und wirkt bis in die Kunst der Gegenwart nach.
Keltern
195,4 x 129,5 cm
Fehlemann 303
Obj. Id: 67514
1948, dem Schicksalsjahr der Abstraktion, begann auch die des Kölners Hann Trier (1915-1999). Er gehörte auch zu den wenigen Überlebenden seiner Generation. Er konnte gerade von 1934 bis 1938 noch ein Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf absolvieren und in Berlin 1939 abschliessen, dann bis 1945 Kriegsdienst. Währenddessen, wohl weil er von 1941 bis 1944 als Technischer Zeichner in Berlin (als Soldat) tätig war, nahm er an den Großen Deutschen Kunstausstellungen 1941 und 1943 in München teil, eine biographische Besonderheit in dieser Gruppe unserer Ausstellung.
Danach lebte er in Bonn, war Mitbegründer der Neuen Rheinischen Sezession 1948 und ab 1951 Mitglied der Münchner Gruppe ZEN49. Er nahm an der documenta I, documenta II und documenta III in Kassel teil. Von 1957 bis 1980 war Trier Professor und später Direktor der Hochschule für bildende Künste in West-Berlin.
Wir zeigen ein herausragendes grosses expressives Gemälde des Jahres 1960.
ohne Titel
195 x 119 cm
Melchior 6/295
Obj. Id: 80001
1948, das Schicksalsjahr der Abstraktion, dürfte auch in Fred Thielers (1916-1999) Leben und Arbeit seine Spuren hinterlassen haben. Er fand nach Wehrdienst und Untertauchen wegen und mit einer jüdischen Mutter in München dort dennoch den Mut, eine private Kunstschule zu besuchen. Von 1946 bis 1950 studierte er bei Karl Caspar an der Akademie der Künste, malte erste abstrakte Werke. Von 1951 bis 1953 lebte und arbeitete er in Paris, 1952 wurde er Mitglied der Gruppe ZEN49.
Auch er ein herausragender Exponent des Informel in einer besonders expressiven Variante. Folgende kleine Auswahl aus seinen Ausstellungsbeteiligungen mögen seinen Stellenwert zeigen: 1958: 29. Biennale di Venezia; 1959: documenta II, Kassel; 1964: documenta III, Kassel; 1984: von hier aus, Düsseldorf. Wir zeigen einige expressive Beispiele aus den 50er und 60er Jahren. Weitere grosse und expressive Werke in unserer Galerie.
Ohne Title X 89
87 x 120 cm
Melchior 8/198
Composition
152 x 127 cm
Obj. Id: 66035
1948, im Schicksalsjahr der Abstraktion, begann auch die von Günther Gumpert (1919-2019). Ein 1937 begonnenes Kunststudium in Krefeld und Wuppertal wurde durch Kriegsdienst von 1939 bis 1945 unterbrochen. Autodidaktisch arbeitete er in den ersten Nachkriegsjahren weiter, in Wuppertal um die legendäre Galerie Parnass und bald mit einem Atelier in Paris in der Rue de Vaugirard, (dort Freundschaften mit Francis Bott und Johnny Friedlaender), lebte und arbeitete aber oft wechselnd in Spanien, Marokko, Jugoslavien, Schweiz und vor allem in Rom, bis er 1967 nach Washington übersiedelte.
Wie Bott ein unruhiger Geist mit schrecklichen Kriegserinnerungen im Gepäck, ein Wanderer zwischen den Welten, Europäer und Weltbürger avant la lettre, immer auf der Suche nach ein wenig Frieden und der Möglichkeit ein wenig zu Malen, lyrische Dichtungen in Farbe und Schwarz-Weiss.
Diese Abstraktion nach 1948, die heute so leichtfüssig daherzukommen scheint, sie hatte es keineswegs leicht. Diese Freiheit musste durchaus erkämpft werden gegen das überstarke, über 1945 hinüberschwappende konservative und ewig gestrige Gedankengut und durchaus auch in Grabenkämpfen in Kunstakademien, Museen und Kunstkritik. Erst 1959 in der «Documenta II» konnte sie sich voll durchsetzen. Möglicherweise als letzter Zeit-Stil der Kunst wurde sie zum ersten Welt-Stil. Ihr Umfang und ihre Ausbreitung ist in den fünf monumentalen Bänden der von 1971 bis 1988 bei Maeght erschienenen Publikation von Michel Ragon und Michel Seuphor einzusehen.
Diese Abstraktion ist gerade in und durch ihre «Sprachlosigkeit» eine ganz wesentliche Aussage der Kunst zu ihrer Zeit: Von 1930 bis 1960 und darüber hinaus gegen den Faschismus und für Freiheit in Frieden.
Dr. Wolfgang Henze
Online Katalog mit allen Kunstwerken
Galerie Henze & Ketterer
Art Karlsruhe 2024
Stand H1/B06 / Halle 1
Unsere Präsentation umfasst weitere Werke folgender Künstler:
FRANCIS BOTT
GÜNTHER GUMPERT
ERNST LUDWIG KIRCHNER
BERNARD SCHULTZE
FRED THIELER
HANN TRIER
THEODOR WERNER
FRITZ WINTER